Karibuni sana! – Herzlich Willkommen!

Ein Bericht über den Jugendaustausch in Tansania:

Karibuni sana! – Herzlich Willkommen!

Diese Kisuaheli-Vokabeln waren wohl einige der ersten Wörter, die die 15 TeilnehmerInnen des internationalen Jugendaustauschs der Katholischen Jungen Gemeinde (KjG) Würzburg in Kooperation mit dem Tushikane e.V. (Verein zur Unterstützung von Menschen und Projekten in Tansania / Afrika) gelernt hatten. Doch auf ihrer Reise nach Mapanda, einem Dorf in der tansanischen Diözese Iringa, haben sie diesen Satz nicht nur oft gehört, sondern auch erfahren dürfen. Die besondere Herzlichkeit und Offenheit der afrikanischen Gastgeber*innen hat die Reisegruppe vom ersten bis zum letzten Augenblick begleitet und tief beeindruckt.

 

Bereits die Motivation, sich auf das „Abenteuer Afrika“ einzulassen, war sehr unterschiedlich. Für den 17-jährigen Biko Makinya aus Bad Kissingen waren es nicht nur die gemeinsamen Tage mit den SchülerInnen der Kihanse Secondary School in Mapanda, sondern auch die Möglichkeit, seine Großeltern wieder zu sehen, die dort leben. „Ich war schon einmal in Tansania, um meine Familie zu besuchen. Die Erfahrungen, die ich dabei gemacht habe, waren so prägend, dass ich zu einer Reise dorthin wohl nie nein sagen würde“, verrät er mit einem Lächeln im Gesicht.

 

Von Frankfurt aus ging es für die Jungs und Mädels im Alter von 13 bis 19 Jahren mit ihren fünf Betreuer*innen über Dubai nach Dar es Salaam, einer Millionenmetropole in Ostafrika. Dass sich die Jugendlichen ab hier für zwei Wochen von Luxusprodukten wie Internet und Co. verabschieden mussten, tat der Vorfreude auf die Reise keinen Abbruch, eher im Gegenteil. „Im Nachhinein war es mal ganz schön, dass das Handy nicht ständig im Mittelpunkt stand“, hat die 14-jährige Hannah Schaff aus Thüngersheim als einen von vielen Eindrücken mit nach Hause genommen.

 

Zwei Tage lang war die deutsche Gruppe zunächst mit „ihrem“ DALADALA, einem für Ostafrika typischen Kleinbus, unterwegs. Unterwegs auf überfüllten städtischen Straßen, auf geteerten und fast menschenleeren Fahrbahnen im afrikanischen Hinterland, auf geschotterten Wegen durch kleine Dörfer und auf Straßen, die diesen Namen nicht verdienen, bis sie schließlich in Mapanda von singenden und tanzenden Gastgeber*innen, dem Team der TYCS (Tanzanian Young Catholic Students) und TUUNGANE (Kooperative), mit Palmwedeln in den Händen empfangen wurden.

 

Die Austauschwoche selbst war voll gepackt mit abwechslungsreichem Programm und neuen Erfahrungen, sodass die Tage für alle wohl schneller vorbei gingen als erwartet. Die deutschen und tansanischen Jugendlichen unterhielten sich über ihren Alltag, sprachen über Berufswünsche und Zukunftsträume und darüber, wie sie ihre Gesellschaft gemeinsam gestalten wollen.

Bereits nach wenigen Tagen war der Besuch aus dem Bistum Würzburg mit großen Teilen der afrikanischen Lebensweise vertraut. Als Gastgeschenke bekam die Reisegruppe ein paar Hühner, die selbst geschlachtet werden durften, die Mahlzeiten wurden im Hof auf offenem Feuer zubereitet, das Wasser zum Kochen und Duschen musste jeden Tag mehrmals am Brunnen gepumpt und zum Haus getragen werden. Während den Tagen in Mapanda wurden die Gäste mit tansanischen Köstlichkeiten wie UJI (Hirsebrei), MANDAZI (Krapfen) und KACHUMBARI (Tomatensalat mit Zwiebeln und Zitronensaft) verwöhnt. Bei einem Wandertag ging es mit Rucksäcken voll schmutziger Kleidung und Seifenstücken zu einem kleinen Bachlauf, wo den deutschen Jugendlichen beigebracht wurde, wie man mit den Händen wäscht. Auch an das tansanische Motto „POLEPOLE“ (Immer schön langsam! Bloß kein Stress!) hatten sie sich schnell gewöhnt.

In besonderer Erinnerung wird wohl der Besuch auf der Plantage des europäischen Unternehmens GREEN RESSOURCES LTD. bleiben, das auf Feldern der einheimischen Bevölkerung Pinien für sogenannte CO2-Emissionszertifikate pflanzt. Mit solchen „Verschmutzungsrechten“ können in Europa z. B. Flugtickets oder die Herstellung von Strom „rein gewaschen“ werden. Zugleich wachsen die dafür gepflanzten Bäume in Tansania auf Böden, die auch zur Nahrungsmittelproduktion geeignet wären. Philotheo, ein Schüler aus Mapanda, beklagte sich im Anschluss an das Gespräch mit einem der Manager darüber, dass für seine Generation in und um Mapanda aktuell kein Land mehr zur Bewirtschaftung vorrätig sei, europäische Unternehmen das Land aber „for free“, also (nach Aussage des Managements) fast ohne Bezahlung zur Verfügung bekommen.

Über diese Diskussionen hinaus packten die Jugendlichen auch ganz praktisch mit an, die Welt ein wenig besser zu machen. Im Rahmen eines Projekttages an der Kihanse Secondary School beteiligten sich alle gemeinsam am Bau einer Trinkwasseranlage im dortigen Pausenhof oder legten einen Blumengarten an. Neben dem Kennenlernen der verschiedenen Gebäude und dem Hören der Schulhymne war zudem Zeit für Kreativität: Gemeinsam gestalteten die Mädels und Jungs zwei Transparente und kamen dabei ins Gespräch über den Schulalltag. Die deutschen Jugendlichen waren berührt, als die Tansanier*innen darüber berichteten, dass es bei ihnen noch die Prügelstrafe gebe, man bei einer nicht-bestandenen Prüfung sofort die Schule verlassen müsse, weil man einen Test nicht wiederholen darf und man aus der Schule geworfen werde, wenn man öffentlich zeigt, dass man einen festen Freund bzw. eine feste Freundin hat.

Am letzten Tag in Mapanda besuchte die deutsche Gruppe den Gottesdienst bei der im Dorf ansässigen italienischen Ordensgemeinschaft. Dass die Messe etwa zweieinhalb Stunden dauerte war kaum spürbar, da sie durch den Chor sehr aktiv gestaltet wurde.

Zur Abschlussparty wurde dann nochmals alles aufgefahren: Es gab ein Festessen, der Dorf-DJ wurde mit seiner Lautsprecherbox angeheuert und die Gäste aus dem Bistum Würzburg wurden reichlich beschenkt. Die Mädchen erhielten geschnitzte Kochlöffel, die traditionell für die Zubereitung von UGALI (Maisbrei) verwendet werden. Die Jungen bekamen jeweils einen Speer aus Holz als Symbol dafür, dass sie für den Schutz ihrer Familien zuständig sind. Bis spät in die Nacht hinein wurde mit den Nachbarsfamilien und vielen Kindern aus dem Dorf unter dem Sternenhimmel Afrikas gefeiert, getanzt und gesungen. „Genau diese Lebensfreude der Afrikaner*innen hat mich einfach fasziniert. Obwohl ihr Leben hier viel schwerer scheint als bei uns in Deutschland, machen sie einen durchaus zufriedenen und dankbaren Eindruck“, fasst der 14-jährige Robin Fischer aus Niedernberg die Woche in Mapanda zusammen.

 

Auf der Rückfahrt besuchte die deutsche Gruppe gemeinsam mit den Austauschschüler*innen und dem Küchenteam den MIKUMI Nationalpark. Selbst mit diesem Vorhaben lernten alle Beteiligten was es bedeutet, zwar die gleichen Wünsche zu haben, aber in unterschiedlichen Regionen der Welt geboren zu sein. Obwohl in Tansania zuhause, war es für die einheimischen Jugendlichen bisher nicht möglich, einen Nationalpark zu besuchen. Vor diesem Hintergrund entschieden die Kooperationspartner*innen, dass es ein gemeinsamer Ausflug werden sollte. Traumhafte Bilder wie eine Elefantenfamilie, die durch die Steppe dem Sonnenuntergang entgegen läuft, springende Antilopen, grasende Zebras, gemütlich an Bäumen knabbernde Giraffen und ein Planschbecken voller Nilpferde konnten sie dort genießen. Der König der Wildnis wollte sich ihnen jedoch nicht zeigen, dafür eine ganze Herde Löwinnen. Für viele war einer der Höhepunkte auf der Safari wohl auch das Klettern auf einem über 500 Jahre alten Affenbrotbaum. Für die 18-jährige Sina Daum aus Erlenbach/Main waren es insgesamt zwei ganz besondere Tage: „Es hat mich richtig glücklich gemacht zu sehen, wie sich die Tansanier*innen gefreut haben.“

 

Auch die Tage in Bagamoyo, einem Badeort an der Küste nördlich von Dar es Salaam, konnten ausgiebig genossen werden, ganz egal ob bei einer geschichtlichen Stadtführung, auf dem Kunstmarkt oder am Strand unter Palmen. Der Name „Bagamoyo“ (Lege dein Herz nieder.) hat einen historischen Hintergrund: In der Kolonialzeit wurden von hier aus die tansanischen Sklav*innen in alle Welt verschifft. Ob sie jemals ihre Heimat wieder sehen würden lag nicht in ihren Händen. Das heutige Tansania war einst auch deutsche Kolonie und die Bauten aus einer gar nicht fernen Zeit gaben Zeugnis einer gemeinsamen, nicht immer einfachen Geschichte. „Dass sich die Jugendlichen heute dieser Geschichte stellen und zugleich friedlich und gemeinsam ihre Zukunftsprojekte teilen, ist am Ende das Glück eines solchen Austauschprojektes“, so Stephen Makinya (Reisebegleiter und Vorstand von Tushikane e.V.).

 

Mit der Frage, was denn das absolute Highlight in Tansania gewesen sei, tut sich der 16-jährige Maximilian Herget aus Würzburg schwer: „Irgendwie war es die komplette Reise: Die Gastfreundschaft der Menschen, die vielen Begegnungen, die Sonnenaufgänge am Meer und die Reisegruppe an sich. Und natürlich, dass alles bestens organisiert war.“

 

Das haben die Jugendlichen unter anderem Joachim Schmitt vom Tushikane e.V. zu verdanken, der viel Herzblut in die Vorbereitung gesteckt hat. Sein Ziel war es, der jungen Generation eine Erfahrung der „Einen Welt“ zu ermöglichen. „Schon jetzt kann man aus der Reflexion und in den Gesichtern der Jugendlichen sehen, dass sich die Welt für die Teilnehmenden geweitet hat und die Neugierde kein Ende nimmt. So hat sich auch für mich das ehrenamtliche Engagement gelohnt und ich bin sehr glücklich, dass wir diesen Austausch durch die Unterstützung vieler möglich gemacht haben“, sagt er bei der Ankunft in Deutschland. Auch für Shay Lutz (KjG Kitzingen), die den Austausch mitbetreut und bereits ein Jahr als Freiwillige in Tansania verbracht hatte, waren diese zwei Wochen für alle Beteiligten eine einzigartige Chance, das Land auf vielfältige Weise kennenzulernen. 
Der Jugendaustausch wird gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und dem Referat Mission Entwicklung Frieden der Diözese Würzburg.

 

von Christina Lömmer